Radmarathon Bern-Bodensee-Bern

Bericht des Teilnehmers Erwin Venetz, 3982 Bitsch

Vorbereitung

Nach dem ich letztes Jahr das Alpenbrevet gleich zweimal absolviert hatte, suchte ich eine neue Herausforderung.
Beim Surfen im Internet fand ich im Winter dann den Radmarathon Bern-Bodensee-Bern über 600 km.
Als erstes fragte ich meinen Alpenbrevetbetreuer Karlen Anton, mein Schwager, ob er mich wiederum begleiten werde. Nach seiner positiven Antwort ging es an die Vorbereitungen.
Im Fitness-Palace von Imesch Réne holte ich mir Informationen über die Ernährung und bereitete mich mit einem gezielten Ausdauertraining auf den Marathon vor.

Sobald es das Wetter zuliess, fing das Strassentraining an. Schon die ersten Male waren Touren über 100 km an der Regel.
Mit der Zeit waren Touren über 300 km auf dem Programm. Als Höhepunkte der Vorbereitung galt Genf retour (410 km solo) und das Wysam 333 in Orbe (10. Rang).
So kamen vor dem Marathon genau 7000 km zusammen.

Marathon

Schon eine Woche vor dem Marathon spürte ich eine gewisse Nervosität. Nun galt es noch die auf einer Liste festgelegten Materialien zu besorgen und das Rennrad bei Zenger Radsport einem letzten Check zu unterziehen.

Am Renntag fuhren wir, die Begleiter Karlen Anton und sein Vater Kamil und ich, gegen 9.30 Uhr im Wallis ab.
In Thun gab es noch einmal Teigwaren und um 12h15 trafen wir im Startgelände ein.
Nach der Begrüssung der Oberwalliser Kollegen Henzen Stefan, Lauber Hermann, Wyss Daniel und seinem Bruder Patrick erledigte ich die Startformalitäten.

 

Nach dem Briefing und einer kleinen Beinmassage fiel um 14h00 endlich der Startschuss.

Teilstück 1

Nach dem ersten neutralisierten Kilometer erfolgte die Steigung zum Grauholzpass.
Dieser hatte schon eine erste Teilung des Feldes zur Folge. Im ersten Feld konnte ich nun locker, trotz gelegentlichen Magenkrämpfen, die nächsten 50 km bis zum Aufstieg des oberen Hauensteins mitfahren.
Den Aufstieg zum Hauenstein bin ich am Limit gefahren und passierte trotzdem die Passhöhe an 3. Stelle. In der Abfahrt schloss ich zu den beiden Führenden auf.


Teilstück 2

Im Checkpoint 2 hatte ich beim Eintrag ins Roadbuch wieder den Anschluss an die führenden verloren. Von hinten schloss ein Teilnehmer auf und zu zweit holten wir die vor uns Liegenden vor Liestal wieder ein.

In Liestal wurde unsere 4-er Gruppe auseinandergerissen, weil ein Autofahrer das letzte Gruppenmitglied anfuhr.
Zu Dritt fuhren wir nun den Rhein entlang nach Koblenz. Wir wechselten uns regelmässig in der Führungsarbeit ab.

Teilstück 3

Nach der Überquerung des Zolls gings weiter nach Deutschland. In unserer 3-er Gruppe konnten wir noch zu zweit Ablösungen fahren. Nach 135 Kilometern fuhr ich nun mit Wyss Daniel an der Spitze des Marathons. Der 3. Teilnehmer konnte unser Tempo nicht halten.

Stetig ging es leicht bergan, mir fiel es immer schwerer das Hinterrad von Daniel zu halten. Brechreiz, Magenkrämpfe und schwere Beine führten nach 160 km dazu, dass ich Daniel ziehen lassen musste.

Jetzt galt es den inneren Schweinehund zu besiegen. Gedanken schossen durch den Kopf:

Den Aufstieg nach Blumberg ging so langsam vor sich, dass sogar die Mücken Zeit hatten, meinen Allerwertesten zu verunstalten. Nach der Passhöhe ging es auf einer schönen Hochebene der nächsten Passhöhe entgegen. Da ich die Gegend nicht kannte, und keine Beschriftungstafeln mehr fand, war ich froh, als mich ein Kontrolleur der Organisatoren im Auto überholte und ich mich somit auf dem richtigen Weg befand.

Unten beim Checkpoint angetroffen, verpflegte ich mich und beratschlagte mit meinen Betreuern, ob ich auf eine Gruppe warten sollte oder alleine weiterfahren sollte.

Nach 7 Minuten traf unser ehemaliges 3. Gruppenmitglied ein. Der Entschluss war dann schnell gefasst, als dieser sagte, er fahre noch nicht weiter. Also fuhr ich alleine weiter und sofern ich eingeholt werden sollte, versuche ich dann mich der Gruppe anzuhängen.

4. Teilstück

Dem Bodensee entlang erholte ich mich immer besser und jetzt stellten sich die positiven Gedanken wieder ein, die 600 km doch noch zu schaffen. Um 22h00 herrschten immer noch Temperaturen von über 30°C vor, und es wurde Zeit das Licht zu montieren.

Na ja, lieber warm, als den angekündigten Regen.
Geregnet hat es ja, nicht in Form von Wasser, sondern Mücken. Um 23h35 bin ich im 4. Checkpoint eingetroffen.
Nach einer kurzen Verpflegungspause und einem Gang auf die Toilette ging es weiter. Von da an waren die Magenkrämpfe verschwunden.

5. Teilstück

Mit mir allein in der dunklen Nacht, beleuchtet vom Begleitauto, ging es weiter nach Österreich, Liechtenstein und Sargans bis zum Checkpoint 6. Dieses Teilstück fürchtete ich wegen dem vorhergesagten Föhnsturm. "Dank" meiner Schwäche am Blumberg, war der Sturm aber schon abgeklungen und ich hatte nur vor Sargans mit starkem Gegenwind zu kämpfen. Um halb drei traf ich in Flums ein. 380 km absolviert, Moral gut.


6. Teilstück

Nach der Verpflegung wieder den Rhythmus finden und weiter. Von hinten scheint niemand mehr zu kommen, nach vorne ist der Abstand schon fast eine Stunde.

Nach 13 km fängt nach langen wieder einmal eine Steigung an. Es geht hinauf auf den Kerenzerberg. Es läuft viel besser als auf den Blumberg. Die 600 km sollten doch zu schaffen sein. In der dunklen Abfahrt gilt es diversen Ästen auszuweichen, die der Sturm abgerissen hat.

Nun geht es weiter nach Pfäffikon, eine coupierte Strecke vorfindend.

7. Teilstück

In Pfäffikon geht’s ums 04h45 am Haus der Schwägerin und des Schwagers vorbei. Mit dem Gedanken schlaft weiter gut, heute abend verreisen wir zusammen in die Ferien, geht es hoch nach Schindellegi. In der Morgendämmerung zeichnet der Zürichsee ein schönes Bild ab.

Oben auf der 2. Altmatt (450 km) ist die Steigung zu Ende und jetzt ist nur noch das Endziel Bern vor den Augen.
In der Abfahrt nach Arth hatte ich Konzentrationsschwierigkeiten, welche dank einem Red Bull wieder verschwanden.

Um 7h31 traf ich in Malters ein.

Teilstück 8

Nun noch das letzte Teilstück von 90 km. Immer wieder geht’s rauf, dann wieder runter. Und jetzt fängt es noch an zu regnen. Die vielen Bahnübergänge überfahre ich im Zeitlupentempo. Ab und zu ein Blick nach hinten zeigt, dass mir kein anderer Teilnehmer folgt. Den zweiten Rang will ich nun behalten. Nach dem letzten Checkpoint in Weier geht’s in strömenden Regen nach Bern. Ohne Schmerzen, mit einer riesigen Euphorie, angefeuert von einem im strömenden Regen vor dem Auto stehenden Begleiter naht Bern.

Endlich Bern Wankdorf. Ich hab es geschafft in 20 Stunden und 35 Minuten (1 Stunde davon Pausen an den Checkpoints) über 600 km zu absolvieren. Von Überall erfolgen Gratulationen zur Leistung.

Als Preis erhalte ich eine Uhr mit dem Signet des Marathons auf dem Zifferblatt.

Nachbetrachtung

Mit einem konsequenten Training ist der Radmarathon also zu schaffen.
Im Nachhinein betrachtet, war die Schwäche am Blumberg gar nicht so schlimm, da ich von da an meinen eigenen Rhythmus gefahren bin und so die 600 km doch noch erfolgreich absolvieren konnte.

Schön waren die vielen anerkennenden Worte aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis über die erbrachte Leistung und den nicht erwartenden 2. Rang

Schmerzen hatte ich nach dem Marathon am Nacken und in den Kniekehlen. Vor dem Schlafengehen hatte ich diese Stellen mit einer Sportsalbe behandelt und am Morgen um 3h30, als es ab in die Ferien ging, waren die Schmerzen schon weg.

Einen Dank gehört den beiden Betreuer für die Motivation, das Bereitstellen der gewünschten Verpflegung und die vielen Kleinigkeiten zwischendurch.

Ein Dank an meine Frau, die mir, ob der vielen Trainings, nie Vorwürfe machte und mich manches Wochenende begleitet hat.